Claudia & Bernd: Mit Calimero vom Bodensee bis nach Indien
Auf der ganzen Welt sind Reisende, wie wir, mit ihren Fahrzeugen unterwegs. Sie suchen sich ihren Weg durch steiles Gelände, dem Strand entlang oder durch Grossstädte. Sie stossen an ihre Grenzen, erleben atemberaubendes und lernen dabei fürs Leben. In unserer Serie „Mit meinem Bett in…“ stellen wir dir in den kommenden Wochen immer Sonntags verschiedene Reisenomaden vor. Im zwölften Teil lassen wir heute Claudia und Bernd zu Wort kommen.
Persönlich
Wir sind Claudia (30) und Bernd (29). Wir hatten die Idee mit unserem 20 Jahre alten Defender namens Calimero um die Welt zu fahren. Dafür haben wir viel gespart und sind seit 27. März 2017 tatsächlich unterwegs.
Ich (Bernd) wollte weg vom Karrierebezogenen Leben, was mich sehr viel hart arbeiten lassen hat. Das war OK, allerdings kann es das ja nicht gewesen sein. Wir möchten unsere noch relativ jungen Jahre nutzen, die Welt kennenzulernen, wie sie sich uns gegenüber zeigt. Nicht, wie man darüber liest.
Daher haben wir unseren Calimero aufgebaut, im Oktober noch geheiratet und sind seit Ende März unterwegs! Wir sind beide am Bodensee aufgewachsen, haben einige Jahre in Heidelberg gelebt und sind zur Vorbereitung wieder an den Bodensee gezogen. Daher heisst unser Blog auch Bodensee-Overlander. Ihr findet uns unter www.bodensee-overlander.de, auf Facebook und Instagram als @bodenseeoverlander. Wir berichten dort von der Planung unserer Weltreise und geben einiges an Tipps und Informationen zur Vorbereitung eines solchen Vorhabens. Jetzt, da wir unterwegs sind, können wir auch endlich unser Weltreisetagebuch schreiben.
Das Fahrzeug
Calimero ist ein 20 Jahre alter Land Rover Defender 110 Station Wagon. In ihm brummt ein 300TDI Motor, eine sehr robuste Maschine. Wir haben ihn mit 264.000 km gekauft und heute hat er 297.500 auf der Uhr. Ein bisschen haben wir ihn also schon selbst bewegt.
Calli ist seit 3 Jahren in unserem Besitz und wurde vom Neunsitzer zum Camper mit Hubdach umgebaut. Wir haben beinahe alles selbst gemacht. Nur das neue Fahrwerk (Radflo Dämpfer, extra auf unsere Bedürfnisse eingestellt) und das X-Vision-X Hubdach, haben wir in Auftrag gegeben.
Unterm Auto:
- Vorne und Hinten auf Torsen-Differential umgerüstet.
- Beide Achsdifferentiale mit einem Schutz versehen.
- Radflo Fahrwerk von re-suspension
- Bereifung: BF Goodrich AT KO2 – 235/85/R16 + 1 Ersatzrad + 1 Ersatzreifen (ohne Felge)
Auf dem Auto:
- Dachträger mit 2 Solarpaneels, einer alten Militärkiste (Bergematerial, Muurikka und anderes Zeuch drin), der Ersatzreifen ist drauf, unsere Waschmaschine (eine Weithalstonne), eine Schaufel und ein wasserdichter Ortlieb-Sack mit Saisonal nicht-benötigten Klamotten. Vorne hängt noch eine sehr günstige China-Made LED Bar
- Unter dem Dachträger schlummert unser X-Vision-X Hubdach, dass das alles auch mühelos nach oben hebt.
Am Auto dran:
- Ersatzreifen auf der Motorhaube
- Wasser/Dieselkanister an Hecktür und Beifahrerseite
- 2 Sandbleche auf der Fahrerseite
- Foxwing-Markise auf der Fahrerseite
- Hufeisen von Diggi, Claudias altem verstorbenen Pferd an der Stosstange
- 2 Nolden 7“ Bi-LED Frontscheinwerfer
- Ein ordentlicher Abschlepphaken an der Hinterachse
- 2 Treeslider, die unsere Seiten davor Schützen eingedrückt zu werden, wenn wir mal im Gelände seitlich gegen einen Baum rutschen. Diese schützen allerdings auch vor Parkremplern und etwas vor seitlichen Unfällen.
Im Auto:
- 2 Optima Yellow Top Batterien – stupide parallel geschalten, mit Laderegler am Solarpanel angeschlossen, LED Innenbeleuchtung, USB Buchsen, Eberspächer Airtronic D2 Standheizung mit Höhenkit, ein Engel-Kühlschrank, ein Casemaker Innenausbau selbstgebaut, ein paar Stautaschen von Camp-Cover. Als Sichtschutz haben wir die Blidimax Matten der Blickdicht-Manufaktur.
- Zur Navigation nutzen wir unser Ipad mit den Apps Here we Go und Maps.Me. Dass das sauber funktioniert haben wir einen GPS Empfänger verbaut. Zudem haben wir einen SPOT Gen 3 im Auto, der unsere Familien up-to-date hält, wo wir uns rumtreiben und mit dem wir im Notfall die Kavallerie holen können.
Wartung: Bremsscheiben, -zangen und -beläge, Kupplung, Zahnriemen, Kardanwellenkreuzgelenke, Radlager, Fahrwerksbuchsen getauscht.
Ihr habt von uns einen Fragebogen erhalten, wo beantwortet ihr die Fragen?
Wir sind gerade in Meteora in Griechenland und legen dort auf einem Campingplatz einen Wasch-Reparatur-Dusch-WLAN Tag ein.
Habt ihr auch genug gutes Internet um uns eure Antworten zurückzusenden?
Das hoffen wir!
Wir alle benötigen heute am liebsten 24-Stunden Internet, wie löst ihr auf Reisen dieses Problem?
Da wir meist wild stehen und auch keine mobilen Internetlösungen haben, gehen wir meist in Cafes mit WIFI. Eine Cola und ein Kaffee kostet meist um die drei Euro, wir können das dortige Klo nutzen und im Netz surfen.
Ist euer Reisemobil eine Internetfreie-Zone oder wird auch da gesurft?
Wenn möglich wird da auch gesurft, Bilder werden sowieso dort bearbeitet und auch unsere Blog-Texte werden manchmal in unserem Calimero, aber meistens draussen geschrieben.
Wie würdet ihr das Innere eures Reisemobils beschreiben, ist es euer Zuhause, das Wohnzimmer, oder alles in einem?
Calimero ist unsere Maisonette-Wohnung. Oben wird geschlafen und gelesen, unten wird Karten gespielt, geschnibbelt, dort verstauen wir alles was wir so haben und dann gibt es noch unseren Garten. Der sieht fast jeden Tag anders aus. Manchmal überdacht durch unsere Foxwing, meistens aber unter offenem Himmel. Dort verbringen wir die meiste Zeit.
Die Küche steht im Reisemobil meist oft nicht weit vom Wohnzimmer entfernt, verratet ihr uns euer Lieblings-Camper-Rezept?
Maultaschen-Muurikka! Die Muurikka ist eine gusseiserne Pfanne, die immer dabei ist. Sie wird auf kleinem Feuer betrieben. Auf der Muurikka kommen dann Maultaschen, Zwiebeln, Tomaten, Kartoffeln, Fleisch, Karotten, Zucchini und was das Herz noch so begehrt zusammen und werden gemeinsam gebraten. Am besten brät man zuerst das Fleisch durch und beginnt dann mit Kartoffeln und Karotten, da die am längsten brauchen bis sie durch sind. Die Maultaschen gibt es jetzt übrigens erst einmal nicht mehr!
Kocht ihr oft selbst?
Wir kochen fast jeden Tag.
Wohnzimmer, Küche, Bad, alles auf wenigen Quadratmetern, warum reist ihr mit dem Camper und nicht mit dem Flugzeug oder mit dem Velo?
Auf dem Velo ist definitiv zu wenig Platz für das was wir so mithaben möchten. Unser Calimero hat fast genau die richtige Grösse. Im Gegensatz zu Flugzeugreisenden, sind wir vor Ort, da wo wir sein möchten, deutlich mobiler. Wir können oftmals in Gegenden vordringen, die dem Flugzeugreisenden nur durch komplizierte Bus/Bahnverbindungen, trampen oder gar nicht offen stehen.
Camping wird oft auch mit Romantik in Verbindung gebracht, was waren bis anhin eure schönsten Erlebnisse?
Wir hatten erst vor ein paar Tagen einen Stellplatz direkt am Meer, in einer einsamen griechischen Bucht. Dort konnten wir das erste Mal auf diesem Trip schnorcheln. Das war eines unserer schönsten Momente bisher. Ansonsten sehen wir fast täglich tolle Dinge, treffen tolle Menschen und erfreuen uns an der Tierwelt.
Freud und Leid liegen bekanntlich nahe beieinander, wo liegen die Probleme wenn man mit dem Camper unterwegs ist und seid ihr schon einmal stehen geblieben?
Ein Land Rover ist nie ganz kaputt, allerdings auch nie ganz in Ordnung. Heute mussten wir einen neuen Trick erlernen, wie wir unser Auto abschliessen können, da eine Feder im Schloss-Mechanismus kaputt gegangen ist. Auf unseren Testfahrten sind wir des öfteren mit einer Panne stehen geblieben. Bei der letzten Testfahrt hatten wir noch in der Schweiz eine kaputte Lichtmaschine, die mit viel Geld schnell beschafft werden konnte. Auf der Rückreise ist dann noch der Lichtschalter durchgebrannt. Ein Teil, welches für 8 Euro zu haben ist, haben wir für 180 Euro bei Land Rover kaufen müssen. Auf unserer Weltreise ist in den ersten drei Wochen nichts gravierendes passiert. Jetzt haben wir aber auch die Zeit und die Geduld, günstige Lösungen zu bevorzugen.
Als Camper ist man immer auf der Suche nach der schönsten Route, von welcher Strecke schwärmt ihr bei jeder Camper-Unterhaltung?
Da gibt es viele und momentan kennen wir ja nur Europa mit dem Camper. Die Küstenstrasse von Rijeka, Kroatien bis runter nach Montenegro ist ein Traum. Die Bergstrassen Griechenlands über die Vikos Schlucht und Meteora haben wir erst kürzlich lieben gelernt. Die Single-Track-Roads von Schottland und auch Korsikas Westküste sind ein absoluter Camper Traum.
Links oder Rechts, wer navigiert?
Bernd navigiert!
Und wer behält die Nerven wenn es der falsche Weg war?
Claudia!
Bei uns läuft während der Fahrt immer laute Musik, bei euch auch oder singt ihr lieber selbst?
Laute Musik ist bei uns so la la. Der Land Rover bringt gewisse Eigengeräusche mit. Die sind bei Autobahnfahrten so laut, dass man die Musik nicht mehr so ganz wahrnehmen kann. Bei gemütlichen Fahrten über Bergstrassen ist die Musik an, in der Stadt, wenn ich mich aufs Fahren und Navigieren konzentrieren muss, aus.
Wo übernachtet ihr lieber: Auf dem sicheren Campingplatz oder an einem wilden Ort?
Wir haben beides gern. Auf Campingplätzen treffen wir oft gleichgesinnte, können mal wieder riiichtig heiss duschen und Wäsche waschen, so wie heute. Allerdings stehen wir lieber wild, denn das belastet die Reisekasse weniger.
Apropos Sicherheit, wie sichert ihr euch während der Nacht? Hattet ihr gar schon einmal Angst?
Es ist immer wieder überraschend, dass man Nachts nicht alleine ist. Manchmal halten Autos neben einem, obwohl man wirklich im Off steht. Da macht man sich dann manchmal kurz sorgen, die meist völlig unbegründet sind. Wir stehen ja mit einem Klappdach aus Zeltstoff, da ist man natürlich gleich etwas ungeschützter. Wir vertrauen eigentlich einfach unserem Bauchgefühl, ob der Stellplatz in Ordnung ist oder nicht. Bisher waren alle Menschen nett, die unseren Stellplatz entdeckt haben.
Zur schönsten Strecke gehört auch der schönste Stellplatz, wo liegt dieser für euch und warum?
Im Schnee auf den Bergen der rumänischen Karpaten! Da kommt sonst kaum jemand hin. Ausserdem die vielen schönen versteckten Buchten der Küstenstrassen, sei es auf Korsika, in Kroatien oder in Griechenland, denn von Sonnenuntergängen über dem Meer können wir nicht genug bekommen.
Was ist entscheidend, ob ihr eine oder mehrere Nächte an einem Ort bleibt?
Definitiv die Faulheit. Wenn wir darüber nachdenken, noch abzuspülen, das Auto zu packen und dann irgendwohin zu fahren ODER einfach noch weiter zu lesen. Dann treffen wir manchmal die Entscheidung zu bleiben.
Zum Campen gehört auch immer die Gemeinschaft, man tauscht sich aus. Welchen Kontakt lässt ihr auf keinen Fall mehr abbrechen?
Zu unseren Land-Rover-Kumpanen vom Bodensee! Ohne die hätten wir unseren Calimero niemals so hinbekommen.
Zusammenleben auf wenigen Quadratmetern, fliegen da auch einmal die Fetzen?
Klar. Aber Gott sei Dank ist unser Garten gross genug, um sich dort mal aus dem Weg zu gehen.
Oft ist es doch aber auch schön zusammen, oder? Was schätzt ihr am Reisen als Paar?
Natürlich, immerhin sind das ja gerade unsere beginnenden Flitterjahre! Dass wir uns über die gemeinsamen Erinnerungen austauschen können.
Mit dem Camper quer durch Australien, ein Traum vieler. Steckt in jedem von uns ein Camper oder braucht es dazu mehr?
Wir sind über die letzte drei Jahre, seitdem wir unseren Calimero haben, deutlich gewachsen. Wir haben technisch deutlich mehr drauf, als zuvor (da war das quasi bei null). Wir haben aber auch einfach durch die Testfahrten erfahren, was für uns funktioniert und was nicht. Was wir wirklich brauchen, und was nicht. Wer also mit dem Camper durch Australien fahren möchte, kann das glaub jederzeit tun. Wenn das eine alte Rostlaube ist, dann schaden ein paar technische Fähigkeiten und etwas Werkzeug nicht. Aber auch dort findet man Hilfe.
Damit auch der nächste Tank wieder gefüllt ist, braucht es Geld, womit finanziert ihr eure Reise, lebt ihr dauerhaft im Camper?
Wir planen derzeit drei Jahre im Camper zu leben, dafür haben wir hart gearbeitet und viel gespart.
Apropos Tank, wie viel habt ihr für die letzte Füllung bezahlt? (Literpreis/Land)
Das letzte mal haben wir in Albanien getankt für 168 LEK pro Liter. Insgesamt waren das glaub circa 110 Euro. Der Tank war ja noch nicht leer, aber Griechenland ist teurer.
Wohin geht eure Reise in den kommenden Monaten? Wie sieht eure Route aus?
Wir fahren bis nach Indien. Über die Türkei, Georgien und Armenien in den Iran. Von dort aus durch Turkmenistan, Uzbekistan, Tajikistan und Kirgistan nach China, Pakistan und Indien. Natürlich lassen wir Nepal dann auch nicht aus! Das wird uns noch bis circa März 2018 beschäftigen. Dann möchten wir voraussichtlich nach Nordamerika verschiffen, die Amerikas bereisen und final nach Südafrika verschiffen und von dort nach Hause fahren. Aber erst einmal müssen wir bis nach Indien kommen!
Was meint ihr, kann man als Nomade auch wieder einmal sesshaft werden?
Davor haben wir mehr Angst, als wir vor dem wegfahren hatten.
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Wir danken Bernd und Claudia für das spannende Interview und wünschen eine gute Weiterreise und stets genug Sprit im Tank. Die nächste Folge „Mit meinem Bett in…“ folgt am kommenden Sonntag mit Caro und Phil von www.thesunnyside.de
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