Anita und Rolf waren mit “Knutschi” gerade in Marokko unterwegs

Auf der ganzen Welt sind Reisende, wie wir, mit ihren Fahrzeugen unterwegs. Sie suchen sich ihren Weg durch steiles Gelände, dem Strand entlang oder durch Grossstädte. Sie stossen an ihre Grenzen, erleben atemberaubendes und lernen dabei fürs Leben. In unserer Serie „Mit meinem Bett in…“ stellen wir dir immer Sonntags verschiedene Reisenomaden vor. Im 24. Teil lassen wir heute Rolf und Anita vom “womoblog” zu Wort kommen.

Persönlich

Fondue auf der Düne

Fondue mitten in der Wüste. Das Bild ist auf der letzten Reise von Rolf und Anita in Marokko entstanden.

Wir sind ganz normale Wohnmobilisten, die mit einem ganz normalen Fahrzeug umherreisen. Anita (50) arbeitet 60% in der Pflege und hat darum zwischendurch immer wieder ein paar Tage frei zum Verreisen. Ich, Rolf (51) arbeite als selbständiger Informatiker und habe darum mein Büro immer dabei, ich bin also auch flexibel.

Wir reisen erst seit vier Jahren in Europa und nun auch in Afrika umher, vorher war das Thema Camping inexistent. Jeweils immer unsere letzte Reise wird zur Lieblingsregion, momentan Marokko, wo wir noch unterwegs sind. Aber wir lieben auch den Norden mit Skandinavien oder Schottland.

Ich hatte schon in den 90er Jahren einen Blog als Spitzensportler und da war klar, dass wir mit unserem Womo auch täglich unsere Erlebnisse aufschreiben. Zuerst nur für uns, damit wir nichts vergessen, aber inzwischen lesen schon viele Interessierte mit.


Das Fahrzeug 

Unser Knutschi ist ein „Billigmodell“ ab der Stange als Teilintegrierter, 150PS, geschalten und auf Fiat Ducato Basis. Er ist mit 7.5 Meter ziemlich lang und gut ausgerüstet: TV, Sat-Internet, Tracker, Backofen, Hubbett, LPG-Anlage, grosse Garage, grosser Kühlschrank und viele USB-Dosen. Leider muss er etwas auf die Linie achten und hat Tendenzen, schnell zuzunehmen und zu schwer zu werden.

Keine Beule, aber viele Kratzer von Bäumen und auch zwei neue Rückspiegel von Schottland, alles andere ist noch Original. Nun hat er schon 72‘000 km in knapp vier Jahren und seit letztem Februar eine Solaranlage, der Fahrradträger kann im Winter umgebaut werden zu einer Ski-Waxstation.


Ihr habt von uns den bekannten „Mit meinem Bett in…“- Fragebogen erhalten, wo beantwortet ihr die Fragen?
Wir sitzen am Stausee Barrage Mohamed V in Marokko vor dem Wohnmobil und schauen auf watende Flamingos, kriechende Schildkröten und trinkende Schafe.

Warum habt ihr euch genau für diesen Ort entschieden?
Im Wohnmobil drinnen wäre es bei diesem Wetter wohl etwas trist, oder? Nein, wir sind in Marokko unterwegs und da es in der jetzigen Gegend keine Camping- oder Stellplätze hat, mussten wir einen Freistehplatz finden und haben es wiedermal perfekt getroffen. Es war also so nicht geplant.

War die letzte Nacht ruhig oder hört ihr wie wir derzeit oft die Hunde bellen?
Es war absolut still, denn nach Sonnenuntergang sind auch alle hier anwesenden Vögel schön ruhig. Es war windstill aber auch im Wohnmobil drin etwas kalt. Wir haben fast kein LPG-Gas mehr und müssen etwas sparen, darum sind wir bei 8 Grad drinnen ganz schön in unsere Decken eingekuschelt, genau wie die Berber hier in ihren Lehmhütten.

Knutschi in der Wüste

Mit ihrem Knutschi haben es Rolf und Anita in die Wüste gewagt.

Wie würdet ihr das Innere eures Reisemobils beschreiben, ist es euer Zuhause, das Wohnzimmer oder alles in einem?
Hier in Marokko ist es unser Zelt und unser Kamel zugleich. Das begreifen die Einheimischen jeweils sofort und schliesslich ist unser Zelt unser Zuhause und auch mein Arbeitsplatz, wenn wir unterwegs sind.

Die Küche steht im Reisemobil meist oft nicht weit vom Wohnzimmer entfernt, verratet ihr uns euer Lieblings-Camper-Rezept?
Das ändert auch je nach bereisendem Land. Hier eindeutig die Tajine. Wir kommen jetzt grad vom Holzsammeln, so dass wir draussen ein Feuer machen können, die Tajine mit Gemüse und Kartoffeln füllen (Fleisch ist uns ausgegangen) und dann eine Stunde über dem Feuer köcheln lassen.
Übers Ganze aus gesehen lieben wir aber die Flaschenomlette von Anita, das gibt kein Abwasch, ist schnell gemacht und ganz lecker.

Kocht ihr oft selbst?
Ja. Meistens, das gehört irgendwie dazu. Aber nicht nur, wir müssen ja auch die Spezialitäten der bereisten Länder versuchen.

Wohnzimmer, Küche, Bad, alles auf wenigen Quadratmetern, warum reist ihr gerade mit dem Camper durch die Welt und nicht mit dem Flugzeug?
Man sieht viel mehr, muss wenig planen und kann dort schlafen, wo es einem gerad gefällt. Wir sind ziemlich spontan, auch wenn ich es liebe, reisen zu planen.

Camping wird oft auch mit Romantik in Verbindung gebracht, was waren bis anhin eure schönsten Erlebnisse „on the road“?
Das war gerade vor zwei Tagen, als wir Reichen von einer bettelarmen Berberfamilie in ihre Lehmhütte zum Nachtessen eingeladen wurden. Sie hätten uns alles gegeben, was sie hatten. Wir hatten noch nie ein solch aufwühlendes Erlebnis und es geht uns jetzt noch nah. Mausarm aber bis zum Gehtnichtmehr gastfreundlich. Da könnten wir Reichen Schnösel noch viel lernen.

Anita und Rolf wurden von Einheimischen eingeladen.

Freud und Leid liegen oft nahe beieinander, wo liegen die Probleme wenn man mit dem Camper unterwegs ist und seid ihr schon einmal stehen geblieben?
Tja, darüber rede ich nun wirklich nicht gerne. Ich Idiot habe mal den gesamten 120 l Dieseltank mit 105 l Bleifrei gefüllt und erst gemerkt, als es nicht mehr weiterging. Wir sind gerade mal 50 m von der Tankstelle weg stehen geblieben. Das war peinlich und ärgerlich. Es musste in eine Werkstatt abgeschleppt werden, dort alles entleeren und reinigen. Es hätte der gesamte Motor kaputt gehen können, aber wir hatten wirklich Glück und konnten so am nächsten Tag endlich nach Hause fahren.

“Ich Idiot habe mal den gesamten 120 l Dieseltank mit 105 l Bleifrei gefüllt”

Als Camper ist man immer auf der Suche nach der schönsten Route, von welcher Strecke schwärmt ihr bei jeder Camper-Unterhaltung?
Ganz spontan? Die Strecke von Zagora nach Mhamid in Marokko durchs Niemandsland, der Jadranska Magistrale in Kroatien, dem Weg in Finnland von Inari nach Kirkness in Norwegen, in Griechenland von Leonidi nach Skala, oder vom Grimselpass zum Oberaarsee.

Fahrt ihr nach Karte oder mit einem Navigationssystem?
Meistens dumm nach Navi (Navigon auf dem Tablet), aber hier in Marokko nach Karte, es gibt für unser Navi keine Karten für Marokko

Wir verfahren uns häufig

Wann und wo habt ihr euch das letzte Mal so richtig verfahren und noch wichtiger wer hat dabei die Nerven behalten?
Wir verfahren uns häufig, aber das ist kein Grund, um die Nerven zu verlieren. Allerdings habe ich in Livorno mal die Nerven verloren, als ich den Hafen nach Sardinien gesucht habe. Es gibt dort drei Häfen und wenn man das nicht weiss, landet man garantiert fünf mal am falschen.

Auf welche Apps könnt ihr als Reisende nicht mehr verzichten?
Hier in Marokko auf die Offlinekarte Marokko, und sonst Google Maps, dort suchen wir unsere Freistehplätze.

Blogs, Facebook, Reiseführer: Wie informiert ihr euch über euer nächstes Reiseziel?
Meistens elektronisch über das Web, wir lesen viele Reiseblogs und schauen uns Fotos des Landes an, dort sehen wir dann, was uns gefällt.

Folgt ihr auch mal den Touristen-Routen oder meidet ihr Sehenswürdigkeiten und Touristenhochburgen konsequent?
Nein, wir nehmen alles mit, was mit dem Womo möglich ist. Wir fuhren schon zweimal um den Arc de Triomphe und landeten auch schon auf Stellplätzen mit 100 anderen Womos. Aber ebenso viel entdecken wir auch völlig unbekanntes. Da legen wir uns nicht fest.

Wie löst ihr das bekannte Internet-Problem, habt ihr eine SIM-Karte oder gar einen Satelliten?
Da ich beruflich auf Internet angewiesen bin, haben wir eine Internet-SAT-Schüssel. Das ist natürlich perfekt, funktioniert aber nur in Europa. Hier in Marokko haben wir eine SIM-Karte von Maroc-Telecom.

Bei uns läuft während der Fahrt immer laute Musik, bei euch auch oder singt ihr lieber selbst?
Ha, ist das eine Fangfrage? Wir sind absolut nicht musikalisch, aber wir singen manchmal sogar zu zweit einen Kanon. Es tönt schrecklich, gibt aber wirklich gute Laune… Musik hören wir eigentlich sehr selten.

Wo übernachtet ihr lieber: Auf dem Campingplatz oder an einem wilden Ort in der Natur?
Da kann alles kommen. Beides hat seine Vorzüge. Wild übernachten und man ist sich nicht sicher, ob man das darf, ist auch kein gutes Gefühl. Momentan sind wir ziemlich ausgeglichen in unsere Statistik, ca. 30% Frei Stehen, 35% Stellplatz und 35% Campingplatz.

Wie lange könnt ihr mit eurem Reisemobil autak stehen? Und wer produziert in dieser Zeit euren Strom?
Unser Limit ist momentan die Toilette. Wir stehen so zwei Tage frei, dann wieder auf einen Stellplatz. Seit wir letzten Februar die Solaranlage montiert haben, stand unser Wohnmobil nie mehr am Landstrom, das ist schon genial.

Landstrom brauchen Rolf und Anita nicht mehr, seit die Solaranlage montiert ist. Diese muss allerdings jeweils vom Schnee befreit werden.

Apropos Sicherheit, wie sichert ihr euch während der Nacht? Hattet ihr gar schon einmal Angst?
Wir schlafen auch nur dort, wo wir uns sicher fühlen. Marseille umfahren wir grossräumig und sonst hatten wir echt noch nie Probleme. Hier in Marokko mussten wir zuerst etwas die Berührungsangst von den Muslimen ablegen, aber jetzt sind wir richtig Fan geworden.

Zur schönsten Strecke gehört auch der schönste Stellplatz, wo liegt dieser für euch und warum?
Das war in Finnland an einem See mitten im Wald. Wir sahen nachts Füchse schleichen und Hasen hoppeln und am morgens badeten wir nackt im See. Kein Mensch weit und breit und 24 Stunden Sonne. Es kann gar nicht besser sein!

Welche Strecke möchtet ihr mit eurem Camper unbedingt einmal fahren, habt es aber bist jetzt noch nicht geschafft?
Wir wollen unbedingt mal noch nach Irland den Atlantik-Way machen, oder die Route 66 in Amerika, oder das Nordkapp im Winter oder den Col della Bonnet, der höchste Pass Europas oder nach Estland und Polen kennen wir auch noch nicht und Rund um Island und und und. Es gibt noch so viel, dass wir unbedingt machen wollen. Aber wir haben hoffentlich noch Zeit.

Was ist entscheidend, ob ihr eine oder gleich mehrere Nächte an einem Ort bleibt?
Das ergibt sich meist ganz spontan. Und da ist das Datum entscheidend, wann wir wieder zu Hause sein müssen.

Fussballmatchs, Konzerte, oder den Backofen: Was vermisst ihr am meisten von Zuhause wenn ihr „on the road“ seid?
Hahaha, Wir sind keine Fussballfans und gehen sehr, sehr selten an Konzerte (nur an einem waren wir, Rolling Stones in Dübendorf) und einen Backofen haben wir im Womo. Wie war die Frage nochmals?

Hand aufs Herz, wie oft schaut ihr unterwegs Filme oder Serien online an? Habt ihr einen Fernseher dabei oder dient der Laptop auch dafür?
Der TV war das erste, was ich unbedingt im Womo wollte. Es war aber die grösste Fehlinvestition. Hier in Marokko haben wir keine Sekunde geschaut, wenn wir im Winter aber zum Langlauf gehen, schauen wir Abends dann schon mal einen Film. Aber bei Serien verpassen wir zu viele Folgen zwischendurch…

Im Camper zu leben heisst zusammenleben auf wenigen Quadratmetern, fliegen da auch einmal die Fetzen?
Nein gar nie, aber auch zu Hause nie. Echt jetzt, wir haben uns noch nie gestritten….

Bei Rolf und Anita herrscht im Wohnmobil die pure Harmonie.

Was schätzt ihr am Reisen als Paar?
Wir haben mehr Zeit miteinander vor allem gerade beim Fahren. Wo hat man mehr Zeit, sich zu unterhalten und zu diskutieren, wie während dem Fahren?

Hat sich eure Beziehung verändert, seit ihr auf der Reise seid?
Wir sind beide Abenteuerlustiger geworden, aber ob sich unsere Beziehung geändert hat, ist schwer zu sagen. Ich glaube nicht.

Wir arbeiten, um zu leben, nicht umgekehrt

Damit auch der nächste Tank wieder gefüllt ist, braucht es Geld, womit finanziert ihr eure Reise, lebt ihr dauerhaft im Camper?
Anita arbeitet zu 60% und ich bin selbständig. Wir arbeiten also ganz normal. Allerdings brauchen wir keinen Erfolg mehr in unserem Berufsleben, ich habe eine Karriere als Spitzensportler hinter mir, mein Egoismus ist also ausgelebt. Wir arbeiten, um zu leben, nicht umgekehrt.

Apropos Tank, wie viel habt ihr für die letzte Füllung bezahlt? (Literpreis/Land)
In Marokko, 9.8Dh, ca. 97 Cent.

Wohin geht eure Reise in den kommenden Monaten? Wie sieht eure Route aus?
Das ist noch nicht definiert, wahrscheinlich irgendwohin, wo es Schnee hat, entweder zum Skifahren oder zum Langlaufen.

Wo seht ihr euch in 5 Jahren? Seid ihr dann immernoch „on the road“ oder vielleicht doch wieder sesshaft? (Für Reisende)
Ganz sicher on the Road, am liebsten von Kanada nach Mexiko unterwegs, wenn denn ein anderer Präsident ist.

Wir danken Rolf und Anita für das spannende Interview und wünschen eine gute Weiterreise und stets genug Sprit im Tank. Die nächste Folge „Mit meinem Bett in…“ folgt schon bald.