Tascha und Patrick : “Das Leben ist zu kurz, um es nicht gebührend zu feiern”
Auf der ganzen Welt sind Reisende, wie wir, mit ihren Fahrzeugen unterwegs. Sie suchen sich ihren Weg durch steiles Gelände, dem Strand entlang oder durch Grossstädte. Sie stossen an ihre Grenzen, erleben atemberaubendes und lernen dabei fürs Leben. In unserer Serie „Mit meinem Bett in…“ stellen wir dir immer Sonntags verschiedene Reisenomaden vor. Im 19. Teil lassen wir heute Tascha und Patrick aus Luxemburg zu Wort kommen.
Persönlich
Wir sind Tascha (35) und Patrick (37) aus Luxemburg, Querdenker, Vollzeit-Reiseblogger, leidenschaftliche Vanlifer, Freelancer, House- und Petsitter.
Das Leben ist zu kurz, um es nicht gebührend zu feiern und genau nach diesem Motto leben wir! Anfang 2016 haben wir Haus, Autos und Jobs hinter uns gelassen, um die Welt zu entdecken.
Nach einem 3-monatigen Costa Rica-Trip haben wir beschlossen uns einen Transporter zu kaufen, diesen in einen Camper umzugestalten um damit Europa zu bereisen.
Die Reiseroute? Es gibt keine! Unsere Destinationen wählen wir frei Schnauze, wie und wo es uns gerade in den Kram passt…Hauptsache Europa!
Zur Zeit befinden wir uns in der Heimat, besuchen Freunde und Familie und setzen wieder einmal neue Ideen in unserem Van um 🙂
Das Fahrzeug
Unsere „Betty“, ein kleiner schwarzer Ford Transit Kasten, ist im Mai 2016 zu uns gestossen. Wir haben sie während 30 Tagen, mit viel Liebe und Hingabe, zu unserem neuen mobilen Zuhause und Büro umgestaltet. Dabei hatten wir keinerlei Vorkenntnisse, was den Umbau eines Fahrzeuges betrifft. Wir haben einfach mal gemacht… Erst später haben wir festgestellt, wie gross diese Vanlife-Community eigentlich ist!
Betty ist ein Baujahr 2012 und bringt mit dem kompletten Ausbau und uns drin ein Gesamtgewicht von 2.500kg.
Zum Erstaunen vieler Leute schlafen wir quer. Wir sind nicht so gross gewachsen und dies kam uns beim Umbau zu Gute. Denn unsere Betty ist klein und jeder Zentimeter zählt!
Für den Innenausbau haben wir gewöhnliche Fichtenholz-Platten aus dem Baumarkt gewählt. Diese wurden geflämmt und lasiert. Warum haben wir kein leichteres Material genommen? Keine Ahnung! Uns hat ganz einfach die Fichtenholz-Optik gefallen und somit haben wir uns gar nicht mal erst nach anderen Materialien umgeschaut.
Neben der Sitzbank, die man als Bett umbauen kann, besitzt Betty noch einen klappbaren Esstisch, eine Küchenzeile mit 2-Flammen Gasherd, viel Stauraum (in Form von Schränken) und eine versteckte Eimer-Toilette für den Notfall!
Ihr habt von uns den bekannten „Mit meinem Bett in…“- Fragebogen erhalten, wo beantwortet ihr die Fragen?
Wir sind zur Zeit in unserer Heimat Luxemburg unterwegs.
Warum habt ihr euch genau für diesen Ort entschieden?
Sagen wir mal so…wir besuchen regelmässig Familie und Freunde und kehren immer wieder zurück, wenn unsere Betty ein Update braucht. Und genau das ist momentan der Fall.
War die letzte Nacht ruhig oder hört ihr wie wir derzeit oft die Hunde bellen?
Haha! Ihr werdet es nicht glauben, aber hier in der Nachbarschaft hört man die Hunde eher bellen als irgendwo im Nirgendwo, wenn wir unterwegs sind 🙂 In dem Sinne schlafen wir unterwegs wesentlich ruhiger.
Wie würdet ihr das Innere eures Reisemobils beschreiben, ist es euer Zuhause, das Wohnzimmer oder alles in einem?
Für uns ist es ganz klar unser Zuhause! Wir lieben es mit dem Van unterwegs zu sein und fühlen uns richtig wohl darin.
Die Küche steht im Reisemobil meist oft nicht weit vom Wohnzimmer entfernt, verratet ihr uns euer Lieblings-Camper-Rezept?
Wer uns kennt, der weiss, dass wir Burger lieben. Somit stehen Burger in allen Variationen sehr häufig auf dem Speiseplan. Wir lieben es aber auch exotisch. Asiatische Currys, Chili con Carne oder Fisch-Risottos stehen z.B. auch sehr hoch im Ranking. Es hängt sehr von der Destination und der verfügbarer Frischware ab, was gerade auf dem Speiseplan steht.
Kocht ihr oft selbst?
Ja, immer! Restaurantgänge sind für uns Luxus und kommen eher selten vor.
Wohnzimmer, Küche, Bad, alles auf wenigen Quadratmetern, warum reist ihr gerade mit dem Camper durch die Welt und nicht mit dem Flugzeug?
Für uns war es ziemlich schnell klar, dass eine einmalige Investition in einen Campervan uns einen Haufen Geld erspart. Immerhin müssen wir keine Unterkünfte mehr zahlen und die Spritkosten halten sich auch in Grenzen, wenn man es etwas Durchdacht angeht. Das Wichtigste für uns war aber die Freiheit, die man mit einem Campervan geniessen kann. Wenn es dir nicht an einem Ort gefällt, dann fährst du halt mit deinem Bett weiter.
Camping wird oft auch mit Romantik in Verbindung gebracht, was waren bis anhin eure schönsten Erlebnisse „on the road“?
Hmmm… da gibt es einige. Zum Beispiel hatten wir in Frankreich in der „Baie d’Yves“ einen der schönsten Sonnenuntergänge ever! Einfach am Meer stehen, die Schiebetür aufstellen und den Gezeiten zuschauen während die Sonne im Hintergrund versinkt…einfach nur schön.
Freud und Leid liegen oft nahe beieinander, wo liegen die Probleme wenn man mit dem Camper unterwegs ist und seid ihr schon einmal stehen geblieben?
Wir hatten bisher Glück und keine grösseren Pannen zu beklagen. Nur einmal hatte Betty einen kleinen „Schwächeanfall“ in der Schweiz…
Und wie wurde das Problem gelöst?
Während unserem 4-wöchigen Roadtrip durch die Schweiz hörten wir auf einmal ein komisches Zischen. Beim Beschleunigen wurde es immer lauter und die Leistung lies nach. Die erste Werkstatt wollte uns nicht helfen und die zweite hatte Betriebsurlaub! Also beschlossen wir mit 80km/h über die Autobahn zu schleichen, um auf dem kürzesten Weg zur nächsten Werkstatt zu kommen… Dort wurde uns dann geholfen. Zum Glück war es nur ein Riss im Turboschlauch und nichts Ernstes! Nach ein paar Stunden war Betty wieder fit und die Tour konnte weiter gehen.
Als Camper ist man immer auf der Suche nach der schönsten Route, von welcher Strecke schwärmt ihr bei jeder Camper-Unterhaltung?
Unsere schönste Route bisher war definitiv die Grand Tour of Switzerland. 1.600 Kilometer quer durch die Schweiz. Und obwohl wir eigentlich eher die Strand- und Meergänger sind, waren wir total hin und weg! Wir waren vorher noch nie in der Schweiz und hatten keine Ahnung was uns dort erwartet. Genauso wenig wussten wir, ob die Berge uns überhaupt gefallen würden?! Aber, wir wurden etwas Besserem belehrt und können diesen Roadtrip wirklich jedem an’s Herz legen.
Fahrt ihr nach Karte oder mit einem Navigationssystem (mit welchen)?
Wir fahren ausschliesslich mit der HERE Navi-App. Das Smartphone haben wir immer griffbereit und Papierkarten sind so gar nicht unser Ding… HERE ist kostenlos und hat uns bisher noch überall hingebracht wo wir auch hinwollten. Manchmal gibt’s eine ungeplante Sightseeing-Tour, aber das ist okay.
Wann und wo habt ihr euch das letzte Mal so richtig verfahren und noch wichtiger wer hat dabei die Nerven behalten?
So richtig Verfahren haben wir uns eigentlich noch nie. Das Einzige, was uns manchmal passiert ist, dass wir dann doch den Weg durch die Mautstelle erwischen, obwohl wir es dem Navi ausdrücklich verboten haben oder selbst falsch abgebogen sind. Dann wird beidseitig kurz rumgemotzt (wegen den zusätzlichen Kosten, nicht wegen dem Fahrer) und nach der nächsten Abfahrt ist dann wieder alles vergessen 🙂
Auf welche Apps könnt ihr als Reisende nicht mehr verzichten?
Unsere wichtigsten Apps sind: Park4night für die Stellplatzwahl, HERE für’s Navigieren, Bathroom-Finder zum Aufspüren öffentlicher Toiletten und natürlich Facebook und Instagram für’s Teilen unserer Bilder und den aktuellen Standpunkten.
Blogs, Facebook, Reiseführer: Wie informiert ihr euch über euer nächstes Reiseziel?
Wir recherchieren hauptsächlich im Netz und lassen uns dabei von anderen Reiseblogs oder Dokumentationen inspirieren. Früher haben wir uns auch mal gerne Reiseführer in Buchform geholt, heute bevorzugen wir Geheimtipps und Infos von lokalen Leuten vor Ort.
Folgt ihr auch mal den Touristen-Routen oder meidet ihr Sehenswürdigkeiten und Touristenhochburgen konsequent?
Wir tun es immer wieder und fragen uns dann nachher WARUM?! Eigentlich schauen wir uns gerne die Sehenswürdigkeiten eines Landes an. Wenn dann doch zu viel los ist, sind wir meist wieder schnell weg. Touristische Routen fahren wir allerdings sehr gerne! Diese sind nämlich viel schöner als Autobahn.
Wie löst ihr das bekannte Internet-Problem, habt ihr eine SIM-Karte oder gar einen Satelliten?
Zur Zeit nutzen wir vorwiegend das Datenvolumen unseres Smartphone-Abos. Europaweit ist dies ja jetzt einfacher geworden. Es kann aber auch vorkommen, dass wir uns eine lokale SIM-Karte holen, weil es günstiger ist als das heimisches Abo. Für Notfälle haben wir auch noch den mobilen GLOCALME-Router. Dieser Router enthält eine integrierte Cloud-SIM und zieht sich das best-verfügbare Netz vor Ort. Über die Homepage von Glocalme kannst du Datenpakete für deinen Router erwerben. Diese sind allerdings ziemlich teuer.
Bei uns läuft während der Fahrt immer laute Musik, bei euch auch oder singt ihr lieber selbst?
Wir haben einen USB-Stick mit unseren liebsten Songs für unterwegs. Dieser wird regelmässig mit neuen Liedern betankt, damit es nicht langweilig wird.
Wo übernachtet ihr lieber: Auf dem Campingplatz oder an einem wilden Ort in der Natur?
Ganz klar in der Natur! Manchmal steuern wir aber auch einen gewöhnlichen Stell-/ oder Campingplatz an. Zum Beispiel zum Duschen oder Wäsche waschen. Dies ist bei uns ganz unterschiedlich.
Wie lange könnt ihr mit eurem Reisemobil autak stehen? Und wer produziert in dieser Zeit euren Strom?
Wir haben 2 fest-installierte Solarpanels auf dem Dach (je 100 Watt). Landstrom brauchen wir quasi nie. Die Panels sind für unsere Zwecke ausreichend. Durch die Wasserversorgung sind wir aber gezwungen nach 3-4 Tagen wieder in die Zivilisation zurückzukehren. Wir haben nur einen gewöhnlichen 20 Liter Wasserkanister an Bord. Dieser wird regelmässig mit Frischwasser betankt.
Apropos Sicherheit, wie sichert ihr euch während der Nacht? Hattet ihr gar schon einmal Angst?
Wir schliessen uns nachts im Van ein und haben zusätzlich noch eine Sperre in den Hecktüren. Diese lässt sich nur von innen lösen. Angst hatten wir bisher aber noch nie.
Zur schönsten Strecke gehört auch der schönste Stellplatz, wo liegt dieser für euch und warum?
Hmmm, nach 10-minütiger Beratung sind wir zum Entschluss gekommen, dass wir keinen bestimmten Lieblingsstellplatz haben. Unser absolutes Lieblingsland zum Freistehen ist aber Frankreich. Vor allem Bretagne und Normandie. Die wilde Atlantikküste, mit seinen atemberaubenden Klippen, kleinen Fischerdörfern und der vielfältigen Natur hat es uns definitiv angetan.
Welche Strecke möchtet ihr mit eurem Camper unbedingt einmal fahren, habt es aber bist jetzt noch nicht geschafft?
Wir würden ganz gerne die Balkanländer bereisen. Die stehen weit oben auf unserer Liste.
Was ist entscheidend, ob ihr eine oder gleich mehrere Nächte an einem Ort bleibt?
Entscheidend ist für uns immer das Bauchgefühl. Egal ob in der Natur oder inmitten einer Stadt, wenn einer von uns nicht vom Stellplatz überzeugt ist, dann fahren wir weiter.
Fussballmatchs, Konzerte, oder den Backofen: Was vermisst ihr am meisten von Zuhause wenn ihr „on the road“ seid?
Einen Backofen zu haben, das wäre manchmal richtig geil. Aber, das wird sich in Zukunft auch noch ändern 🙂
Hand aufs Herz, wie oft schaut ihr unterwegs Filme oder Serien online an? Habt ihr einen Fernseher dabei oder dient der Laptop auch dafür?
Wir haben keinen Fernseher und heben uns das Filme und Serien schauen immer für unsere Heimatgänge auf. Unser Datenvolumen brauchen wir vorwiegend zum Arbeiten, somit fällt das Filme schauen aus…obwohl wir auch zwei Laptops dabei hätten. Zur Not kann man ja noch ein Kino aufsuchen.
Im Camper zu leben heisst zusammenleben auf wenigen Quadratmetern, fliegen da auch einmal die Fetzen?
Wir kennen und lieben uns jetzt schon seit 1996 und wissen, wie der andere tickt. Es gibt manchmal Meinungsverschiedenheiten. Das ist aber gut so, sonst wär’s ja auch langweilig. Richtigen Streit mit Fetzen fliegen und anschreien gibt’s bei uns nicht. Wenn wir nicht beide ein bisschen verrückt wären, würde die Vanlife-Schiene wahrscheinlich auch nicht klappen.
Was schätzt ihr am Reisen als Paar?
Dass wir viel Zeit miteinander verbringen und die ganzen Eindrücke und Erlebnisse miteinander teilen können.
Hat sich eure Beziehung verändert, seit ihr auf der Reise seit?
Die Beziehung an sich hat sich nicht geändert. Die Zeit, die wir jetzt miteinander verbringen können, hat sich aber enorm gesteigert und das war uns auch sehr wichtig. Vorher waren wir täglich von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends unterwegs. Neben dem Job blieb fast keine Zeit für uns und genau das war der ausschlaggebende Punkt, unser Leben zu ändern!
Damit auch der nächste Tank wieder gefüllt ist, braucht es Geld, womit finanziert ihr eure Reise, lebt ihr dauerhaft im Camper?
Wir leben zu 80% in unserer Betty. In den Wintermonaten etwas weniger, wenn wir nicht gerade in den Süden ziehen. Deshalb verlegen wir unsere Heimatgänge auch meist in den Winter 🙂 Finanzieren tun wir unser Leben durch Freelance Jobs (Übersetzungen / Social Media Beratung für Unternehmen etc.) und Ersparnisse. Neue Ideen um uns selbst zu verwirklichen schwirren uns ständig im Kopf herum. Zum Beispiel planen wir für nächstes Jahr ein grösseres Treffen für „Freiheitsmobile“ in Luxemburg: das 1. FM (Freiheitsmobile)-Treffen. Dieses Treffen soll alle Leute zusammenbringen, die sich für’s Reisen und Leben im Camper interessieren. Alle Infos zur Freiheitsmobile-Community und dem Treffen findet man auf https://freiheitsmobil.com
Apropos Tank, wie viel habt ihr für die letzte Füllung bezahlt? (Literpreis/Land)
Wir haben zuletzt in Luxemburg für 1,003 EUR/Liter getankt.
Wohin geht eure Reise in den kommenden Monaten? Wie sieht eure Route aus?
Eine genaue Route haben wir noch nicht. Für uns ist es aber klar, dass es mal wieder Zeit für „Vitamine SEA“ wird. Dementsprechend zieht es uns wohl irgendwo nach Süden an’s Meer…mal schauen.
Wo seht ihr euch in 5 Jahren? Seid ihr dann immernoch „on the road“ oder vielleicht doch wieder sesshaft?
Egal ob „on the road“ oder sesshaft, eins ist sicher: in unser klassisches Leben zieht es uns wohl nicht mehr zurück. Was auch immer wir in 5 Jahren machen, es ist bestimmt etwas Verrücktes 🙂
Wir danken Patrick und Tascha für das spannende Interview und wünschen eine gute Weiterreise und stets genug Sprit im Tank. Die nächste Folge „Mit meinem Bett in…“ folgt am kommenden Sonntag mit Sven und Fabienne vom Blog: www.svefa-ontour.ch
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